2018 03 13bz2Die Wende sorgte Anfang der 1990er Jahre nicht nur für einen Umbruch in der Gesellschaft, sondern auch in der Landwirtschaft. Die Zuckerfabrik in Meine schloss, der Getreidepreis sank - Familie Gaus aus Ohnhorst und Familie Lütje Wasbüttel sahen damals im Ackerbau keine Perspektive mehr. Ihre Retterin: Die Kartoffel. 26 Jahre später landen die Feldfrüchte aus Wasbüttel und Ohnhorst auch in vielen regionalen und sogar in ausländischen Regalen.

 

Mit fünf Hektar fing alles an. Elwi und Paul Lütje aus Wasbüttel und Friedhilde und Heinrich Gaus aus Ohnhorst gründeten 1992 die Gaus-Lütje GbR. Mittlerweile bauen die Familien auf knapp 100 Hektar an und die zweite Generation hat das Ruder übernommen. Seit 2001 führt Ernst Lütje gemeinsam mit Frau Bianca einen Hof. Der Sohnemann vertieft seine Sachkenntnis und macht aus dem Kartoffelanbau eine eigene Philosophie. "Und außerdem bin ich selbst ein leidenschaftlicher Kartoffelesser", sagt er über sich und schmunzelt.

2018 03 13bz4Jetzt im März beginnt für Lütjes, acht Mitarbeiter und zwei Auszubildenden die neue Saison. Das Pflanzen der Frühkartoffeln steht auf dem Programm. "Nach dem Pflanzen werden sie mit Vlies abgedeckt", sagt Bianca Lütje. "Die normalen Speisekartoffeln kommen im April in die Erde, allerdings ohne Vlies." Mitte Juni beginnt dann die Ernte der Frühkartoffeln, gerodet wird immer nur so viel, wie auch vermarktet wird. Parallel startet die Beregnung, wenn nötig. Im August ist Haupterntezeit, dann sind die Kartoffeln schalenfest und können eingelagert werden. Bis zum ersten Nachtfrost ist Zeit, sonst werden die Erdäpfel süß und matschig.

Von September bis Juni werden Toscana, Celina, Linda, Afra, Laura und Co. verkauft. "Unser Dauerrenner ist Belana", verrät die 41 Jahre alte Chefin. Die festkochende Knolle sei perfekt für jegliche Verwendung - ob als Salz-, Pell-, Brat- oder Ofenkartoffel.

2018 03 13bz5Der Schwerpunkt der Vermarktung liegt wie beim Anbau in der Region: "Selbstbedienerstände, Hofläden und der örtliche Lebensmitteleinzelhandel", zählt Bianca Lütje auf. "Die Kunden in der Region sind unsere wichtigsten", betont ihr Mann. Die 25-Kilo-Säcke zum Einkellern seien kaum noch gefragt. "Vielen Kunden ist sogar der kleinste Sack mit 2,5 Kilogramm zu groß, daher bieten wir mittlerweile in vielen Geschäften lose Kartoffeln an", sagt Ernst Lütje.

Zudem zeige sich der Trend, dass die Kunden weniger Kunststoffverpackungen und lieber Papiertüten nutzen. "Und es gibt immer mehr Singlehaushalte, die bedarfsgerecht einkaufen", erklärt Bianca Lütje.

2018 03 13bz1Aber auch auf den Großmärkten wie in Köln, Leverkusen und Prag landen die Wasbüttler und Ohnhorster Knollen. Viele von den kleinen Drillingen gehen in die Niederlande, die dort für Konserven verarbeitet werden.

Um ihre Kartoffeln noch bekannter zu machen, reisten die Familien Lütje und Gaus im Januar nach Berlin. Bei der Grünen Woche boten sie Pellkartoffeln und Rosmarinkartoffeln mit Quark an und trafen damit den Geschmack der Messebesucher.

Im Oktober will sich der Familienbetrieb erstmals bei der Infa in Hannover präsentieren. "In der Halle mit regionalen Produkten werden wir uns zwei Tage mit einem Stand vorstellen", kündigt Bianca Lütje an.

Dass Ernst Lütje sich voll und ganz auf sein Steckenpferd konzentrieren kann, hat er der Betriebsgemeinschaft zu verdanken - jeder kümmert sich um einen anderen Bereich: Familie Gaus beispielsweise betreut gemeinsam mit der Familie Behrens aus Ohnhorst die Ährenwert GbR, die auf 500 Hektar Rüben, Raps und Getreide anbaut. "Jeder weiß, was er zu tun hat und macht das, was ihm Spaß macht", betont der 43-Jährige. "Außerdem hat man auch mal eine Vertretung bei Krankheit oder Urlaub. Und man steht nicht alleine da."

Nächster Vorteil der Gemeinschaften: "Wir haben gleichaltrige Kinder, die zusammen aufwachsen. Das schweißt zusammen", sagt Bianca Lütje. Und bei insgesamt drei Jungen und drei Mädchen sollte das mit der Nachfolge dann wohl auch kein Problem sein.

 

REZEPTTIPP

Frühkartoffeln mit Kräuterquark

Das ist Friedhilde Gaus' Lieblingsrezept mit Kartoffeln:

Zutaten für 4 Personen: 1,5 Kilogramm Frühkartoffeln (Annabelle/Leyla), 500 g Speisequark Magerstufe, 250 g Dickmilch, 150 g Saure Sahne, etwas Milch oder süße Sahne, Salz und etwas weißen Pfeffer sowie frischen Schnittlauch, Petersilie und Dill (Menge je nach Geschmack).

Zubereitung: Die Frühkartoffeln gründlich waschen und am besten abbürsten. Die ungeschälten Knollen in wenig Salzwasser garen. Die Schale der Frühkartoffel ist so zart, dass sie nicht gepellt werden muss.

Für den Dip Quark, Dickmilch, Saure Sahne und Milch/süße Sahne schön cremig rühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Kräuter hacken und dazugeben.

Als Beilage schmecken Tomatenscheiben mit Zwiebelringen - bestreut mit frischem Basilikum.

Friedhilde Gaus' Tipp für Feinschmecker: Die gegarten Frühkartoffeln vor dem Verzehr vorsichtig in etwas Butter schwenken.

Aus der Braunschweiger Zeitung, Gifhorn - 13. Maerz 2018 - Sonderseite - Seite S11, Fotos Anne Voß