Wenn Familien einen neuen Wagen anschaffen, verkaufen sie in der Regeln den alten. Nicht so bei Stumpf-Hotops. Sie haben jahrzehntelang alles aufgehoben. Ein Glück für Wasbüttel: Marlena Stumpf-Hotop hat daraus ein Kutschenmuseum aufgebaut.Fünf alte Kutschen und zwei Schlitten stehen wie eine Wagenburg um den großen Tisch herum. Das könne man als Bezug auf die Verwandten sehen, die vor langer, langer Zeit nach Nord-Amerika ausgewandert sind, sagt die Wasbüttelerin. Aber deren Spuren hätten sich verloren.

Die Vergangenheit des elterlichen Hofs hat Marlena Stumpf-Hotop dagegen ganz akribisch aufgearbeitet und festgehalten. Rund um die alten Gefährte - alle stammen aus Familienbesitz - platzierte sie alte Schränke, Geschirre, das Familienwappen und zahlreiche Fotos aus den eigenen Alben, die die ausgestellten Wagen und Schlitten sowie die Familienangehörigen im damaligen Betrieb zeigen. "Ich bin auch überrascht, dass noch so viele Gefährte vorhanden sind", sagt Schwester Holge Flores, die gerade zu Besuch ist (sie ist übrigens auch in die USA ausgewandert, in den 60er Jahren).

Zu bestaunen sind auch zahlreiche Utensilien, die die Kutschfahrer, Landwirte und Pferdebesitzer brauchten - zum Beispiel ein Pferdehuf-Schuh für matschigen Acker.

"Ich wollte diese alten Wagen auf alle Fälle retten", sagt Stumpf-Hotop. Zwar waren diese in der Geräte- und Maschinenscheune bei kühler, trockener Luft stets gut konserviert, aber häufig unter Heu, Stroh und Gerätschaften versteckt. Vor einigen Jahren fing die ehemalige Lehrerin an, die Zeitzeugen aus Holz, Stahl und Leder aufzuarbeiten - mit Farbe, neuen Polstern und Reifen. Nun sagt sie voller Stolz: "Alle sind fahrbereit." Der mehr als 100 Jahre alte Landauer strahlt wieder seinen ursprünglichen Glanz aus, niemand vermutet, dass das frisch gefettete Leder des Verdecks original ist.

Gleichzeitig richtete sie den rund 150 Quadratmeter großen Raum her. "Eigentlich war er nur für Familienzusammenkünfte gedacht", so Stumpf-Hotop. Aber die beachtenswerte Ausstellung sprach sich schnell herum, etliche Gruppen kamen zu Besuch und schwelgten in Erinnerungen. Und die Wasbüttelerin zeigt ihnen gern, was sie auf die Beine - Pardon - wieder auf die Räder gestellt hat.

Mit den Wagen sind für Stumpf-Hotop viele Erinnerungen verbunden: "Zu jedem Wagen gibt es lustige, aber auch traurige Geschichten." Mit der Ponykutsche sei schon ihr Großvater gefahren. "Aber wir Kinder durften auch mal allein losziehen." Sie hat auch noch andere Bilder im Kopf: Zum Beispiel, dass mit den Droschken die Schützenkönige und viele Brautpaare durch das Dorf kutschiert wurden. "Ich hoffe immer noch, dass jemand vielleicht Fotos davon hat."

Auf der Suche ist sie auch nach alten Lampen für die Kutschen - denn einige seien mit den Jahrzehnten abhandengekommen. "Ich suche schon immer auf Flohmärkten." Das Museum hält sie also auch weiterhin in Bewegung.

FAKTEN

  • Das Kutschenmuseum, Hauptstraße21, öffnet heute von 16 bis 18 Uhr seine Tore. Der Verein Wasbütteler Dorfleben bietet gleich nebenan in der Alten Schule Kaffee und Kuchen an.
  • Um 18 Uhr präsentiert der Meiner Posaunenchor vor dem Museum ein Konzert mit Volksliedern, Volkstümlichem und Swing.
  • Die Exponate: Ein alter Jagdwagen inklusive Jagdtasche und Wildfang, ein mehr als 100 Jahre alter Landauer mit Lederdach zum Zusammenklappen, ein Arbeitswagen aus den 70er Jahren, ein Jagdwagen, der sowohl vom Viersitzer zum Zweisitzer als auch vom Zweispänner zum Einspänner umgebaut werden kann, eine kleine Ponykutsche, ein kleiner und ein großer Schlitten - vermutlich etwa von 1860.

Aus der Gifhorner Rundschau, Wolfsburg: 20. September 2012, Gifhorn Lokales, Seite G04, Fotos: Reiner Silberstein