2022 11 03az133 Jahre lang hat Wilfried Starke bei der VW Motorsport GmbH in vielen Teilen der Welt Karossen von Rennwagen zusammengedengelt, für den Polo-Cup und Jutta Kleinschmidts Dakar-Touareg beispielsweise. Privat interessiert ihn aber das Dengeln an und Fahren mit zwei-, maximal dreirädrigen Gefährten viel mehr. Vor allem an und mit seiner roten Nimbus mit Seitenwagen, Baujahr 1939.

Begonnen hat diese Leidenschaft am 1. Mai vor 35 Jahren auf einem Oldtimertreffen, wo er zum ersten Mal ein „sehr unansehnliches“ Exemplar der bis 1959 in Dänemark produzierten Motorradmarke erblickte mit ihrem längs eingebauten 750-ccm-Vierzylinder-Reihenmotor samt außenliegender Ventile, Kardan und 22 PS, der sich „wie ein Automotor anhört“. Der heute 65-jährige gebürtige Ehmener hätte sich damals „nie vorstellen können“, selbst einmal eine Nimbus zu besitzen: „Das schien unerreichbar.“

2022 11 03az2War es aber nicht. Denn 20 Jahr später erzählte ihm ein Freund von einem Freund, der eine zerlegte Nimbus im Keller habe, die er kaufen könne. Der gelernte Schlosser verkaufte sofort ein seit Jahren halbfertiges Restaurations-Projekt, eine Vorkriegs-DKW, und holte sich das gute Stück (mit Motorschaden) in Kisten und Kästen „wie die Katze im Sack“ nachhause. Zweieinhalb Jahre brauchte er, um sie wieder auf die Räder zu stellen. Um sie zum Laufen zu bringen, musste ein neuer Motor gekauft werden. Auch ein Seitenwagen wurde (in Holland) erworben und alles rot lackiert.

Seitdem hat die Triumph DGB 250 H, Baujahr 1959, die vor 30 Jahren Starkes Fuhrpark ergänzte, es schwer, auch noch bewegt zu werden. Verständlich, wenn man den Wahl-Wasbütteler vom „sehr weichen, geschmeidigen Motor mit viel Drehmoment“ reden hört, der „fast immer“ sofort anspringt. „Wenn schönes Wetter ist, ist er dann mal weg“, berichtet Ehefrau Claudia. Für die dreimal jährlich stattfindenden Treffen der Interessengemeinschaft Nimbus-Freunde nimmt sie auf dem Soziussitz Platz, nicht im Beiwagen.

Gut 250 Mitglieder zählt die IG – mehr Nimbus gibt’s auch nicht in Deutschland, der Gesamtbestand weltweit liegt wohl bei 2500 Exemplaren – „alles Individualisten, alle gut drauf“, sagt Starke, der froh ist, dazu zu gehören. Auch weil dabei „aus Bekanntschaften richtig gute Freunde geworden sind“. Gefahren wird die Nimbus Typ C im Seitenwagen-Modus mit fest angezogenem Reibungsdämpfer: „Sonst fliegt einem der Lenker aus der Hand.“ Gelenkt wird das Gespann vornehmlich mit dem Gasdrehgriff: Rechtsrum zieht man an, fürs Linksrum nimmt man Gas weg. Bewegt wird die Nimbus allermeistens im dritten und letzten Gang.

Was Wilfried Starke derzeit bewegt, ist der Aufbau seiner mittlerweile dritten Nimbus – seine zweite hat er wieder verkauft. Günstig geschossen hat er sie im Januar in Berlin. Allerdings fehlten das Vorderrad und „eine Kleinigkeiten“. Kein Problem, schließlich gibt es die IG und Teilemärkte in Dänemark. Der Rahmen wurde gerade in Kassel sandgestrahlt, Anbauteile liegen bereits grundiert im Keller des Wohnhauses neben einem Karton mit dem Original-Lack. Kommenden Sommer soll das Moped auf den Rädern stehen – mit kurzer Übersetzung für den Betrieb ohne Beiwagen.

Motorrad fahren will Wilfried Starke, „so lange ich kann. Das hält das Leben frisch“. Genau so wie das Restaurieren von Oldtimern.

Aus der Allerzeitung vom 03.11.2022, Fotos: Jörg Rohlfs