Kein Chichi, sondern pure Technik - kein Frauenauto, sondern ein wahrer Männerwagen: Das ist der Ur-Quattro von Audi, das erste Straßenfahrzeug mit permanentem Allradantrieb, das ab Frühjahr 1980 die Rallye-Welt aus den Angeln hob. Nur 11452 Exemplare wurden bis 1991 gefertigt. Einen besitzt Stefan Sievers aus Wasbüttel.

"Dass ich so einen Wagen mal besitzen könnte, war damals ein absolut unerreichbar erscheinender Traum", erinnert sich Sievers an seine Zeit als Elektrotechnik-Student an der TU Braunschweig. Einen silberfarbenen Audi 80 konnte er sich gerade so leisten. Das Wunderauto, dessen Preis für die einfachste Ausstattung mit 10-V-Motor bei 40000 Mark anfing und beim 20-V-Motor schon locker bei 90000 Mark lag, konnte er auf der Straße bloß bestaunen.

Aber 2005, inzwischen war Sievers als Diplom-Ingenieur in der Volkswagen-Entwicklung angestellt, wurde der Traum doch noch wahr: "Ich erstand den Ur-Quattro für 4000 Euro - allerdings mit Motorschaden", erzählt Sievers. Als er mit dem Auto mehr qualmend als fahrend auf den Hof rollte, hing erst mal der Haussegen schief: "Meine Frau fand ihn zwar schick, aber sie hielt mich für völlig verrückt." Kein Wunder, schließlich lief der Audi nur noch auf zwei Zylindern und der anstehende Schrauberbedarf ließ auf den ersten Blick locker ein mehrjähriges Unterfangen vermuten - "dass der Quattro überhaupt noch lief, war schon ein Wunder".

Der in die Jahre gekommene Motor wurde durch ein zwar gleich altes aber neu aufgebautes Pendant ersetzt: "Neue Spezialkolben, veränderte Ventile, angepasste Kanäle, größerer Ladeluftkühler und ein modernerer Turbolader, der früher anspringt", zählt Sievers auf.

Auch wenn's ein beinharter Männerwagen ist, liebhaben sollte man seinen Ur-Quattro schon: Für Sievers zählt dazu nicht nur das tägliche Putzen der Fahrzeugfront - "schließlich sieht man auf dem Lack ja jede kleinste Stelle, der Wagen ist ja weißer als alpin-weiß". Dazu gehört auch, ihn erst mal warm zu fahren, bevor man ihn so richtig tritt. Und wenn man wieder zurück ist, sollte man den Motor auf dem Hof auch noch ein paar Minuten im Stand laufen lassen: "Auspuffkrümmer und Turboladergehäuse glühen nach so einer Fahrt ja regelrecht - damit da keine Risse entstehen, ist das Nachlaufen unerlässlich."

Belohnt wird der Liebhaber mit den Vorzügen des einstigen technischen Meilensteins: Zieht man die Differenzialsperre, wird an alle Räder gleichzeitig die gleiche Kraft übertragen. Der Wagen zieht wie auf Schienen geradeaus.


Ur-Quattro

  • 177000 Kilometer hat der Wagen runter.
  • 200 PS (147 kW)
  • 2,2 Liter Hubraum
  • 5-Zylinder-Reihenmotor Turbolader
  • Permanenter Allradantrieb mit zwei Differenzialsperren
  • Baujahr: November 1983
  • Von 0 auf 100 in sieben Sekunden
  • Gewicht: 1,3 Tonnen

Aus der Braunschweiger Zeitung, Gifhorn - 13. September 2014 - Gifhorner Lokales - Seite 24, Foto: Nowak