Langsam und feinfühlig über den Hof, mit Tempo 40 über die Straßen: Völlig sicher geht Charlottè Henrike Hoffmann mit dem sechseinhalb Tonnen schweren Traktor um – die 15-jährige Wasbüttelerin ist das einzige Mädchen im Landkreis, das mit Ausnahmegenehmigung einen Trecker fahren darf.

In den Herbstferien legte sie ihre Führerscheinprüfung ab. Pflügen, Drillen und Grubbern sind für Charlottè Henrike Hoffmann kein Problem: Schon mit zwölf Jahren ließ sie Vater Hilmar ans Steuer. „Auf dem Acker durfte ich ja fahren, nur nicht auf der Straße“, sagt das Mädchen.

Nachdem der 42-jährige Vater aber einen Bandscheibenvorfall erlitten hatte, sollte die Tochter stärker eingespannt werden. Für den Führerschein war das Einverständnis des Landkreises nötig, doch zunächst weigerte sich die Behörde: Ehefrau Ulrike (43) und Großvater Gerd (72) könnten ja bei der Ernte helfen, hieß es. „Meine Frau ist aber voll berufstätig und meinem Vater kann das stundenlange Ackern auf dem Acker auch nicht mehr zugemutet werden“, entgegnete der Wasbütteler – mit Erfolg.

Der Landkreis lenkte ein, die Tochter wurde an der Lehranstalt für Agrartechnik in Hildesheim angemeldet. Dort war sie seit langem das erste Mädchen unter 16 Jahren. „Erst hatten die Jungen eine große Klappe, doch dann meisterte ich den Parcours als beste von allen“, erzählt Charlottè Henrike stolz.
„Sie war eine Bereicherung für den ganzen Lehrgang“, bestätigt Fahrlehrer Jens Dehnert. „Selbst manche Kerle ließen sich von ihr anspornen.“
Dass sie mit ihren 15 Jahren eine wahre Exotin in der Traktorkabine ist, wurde der Wasbüttelerin spätestens bei ihrer Fahrprüfung deutlich: „Ich wurde von der Polizei angehalten – die konnten es wohl auch nicht glauben.“


Aus der Allerzeitung vom 30.10.2010 / AZ Seite 21, Fotos: Nowak (2)