2015 08 28bz1Noch im Frühjahr war Inge Wessel nach Nepal gereist. Sie hatte alte Freunde besucht, die sie seit ihren ersten Aufenthalten in dem kleinen Himalaya-Staat in den 80er Jahren kennt. Nur wenige Wochen später musste sie in den Nachrichten mitansehen, wie das Land nach einer Erdbebenkatastrophe im Chaos versank. Wessel war geschockt - und organisierte eine Hilfsaktion, die wohl ihresgleichen sucht.

Kaum war der erste Schreck verflogen, nahm Wessel mit Bharat Gautan Kontakt auf. Den Nepalesen hatte Wessel einst als Guide kennengelernt, mittlerweile verbindet beide eine Freundschaft: "Es tat weh zu hören, was dort geschehen ist", erinnert sich Wessel. Zwar befand sich Gautans Dorf, das etwa 300 Kilometer von Nepals Hauptstadt Kathmandu entfernt liegt, nicht direkt im Epizentrum des Bebens, aber auch dort waren Schäden sichtbar: Die Leichtbauweise vieler Häuser Nepals hatte dazu geführt, dass die Gebäude wie Kartenhäuser in sich zusammenfielen.

Für Wessel war das ein unhaltbarer Zustand, denn sie weiß: "Jetzt setzt gerade die Monsunzeit ein, da regnet es stark." Müssen die nun heimatlosen Menschen auf der Straße schlafen, drohen Krankheiten und Tod.

Wessel reagierte und begann, auf eigene Faust Spenden zu sammeln. In verschiedenen Betrieben oder Arztpraxen stellte sie Dosen auf, Einzelpersonen überwiesen ihr Geld auf ihr Konto -ihr Privatkonto wohlgemerkt, denn Banken und Behörden arbeiteten für eine derart spontane Hilfe offenbar zu langsam: "Ich habe kein eigenes Hilfskonto bekommen und vertrete keinen gemeinnütziger Verein. Ich wollte einfach nur schnell helfen", sagt Wessel.

2015 08 28bz2Externe Unterstützung oder nicht - Wessel sammelte in kurzer Zeit 3200 Euro zusammen und setzte sich kurzerhand in den Flieger, um das Geld vor Ort selbst zu verteilen. "Wir haben uns mit Gautan getroffen und das Geld den Menschen gegeben, die es dringend benötigt haben", erklärt Wessel, die immer noch beeindruckt von ihren Erlebnissen vor Ort ist: "Überall liegen noch Trümmer. Die Menschen haben Angst vor weiteren Nachbeben." Und Touristen gäbe es ohnehin kaum noch, was für Arbeitslosigkeit sorge.

Inge Wessel selbst, die mit ihrer Tochter Sarah reiste, ließ sich indes nicht abschrecken. Sie übernachtete bei Gautan im Dorf und sprach den Menschen Mut zu: "Sie müssen das Gefühl haben, dass wir wirklich zu ihnen stehen. Viele Hilfsorganisationen und die Medienvertreter sind schon wieder weg", schildert Wessel. Dabei würde der Wiederaufbau noch Jahre dauern.

Demnächst möchte die Wasbüttelerin erneut nach Nepal reisen, Spendenmöglichkeiten können unter ihrer Emailadresse This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it. erfragt werden -ein eigenes Konto existiert nach wie vor nicht: "Ich würde mich freuen, wenn die Banken mir helfen würden", sagt die Helferin - die sich bei allen bedanken möchte, die sie bis dato unterstützt haben. "Das Geld wird in Nepal wirklich bitterlich gebraucht."

 

Aus der Braunschweiger Zeitung, Gifhorn - 28. August 2015 - Gifhorner Lokales - Seite 22, Fotos: privat