Das hat was von literarischer Romantik, aber auch von technischer Nostalgie. Arne Gliemann aus Wasbüttel bringt in seinem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) das ehemalige Feuerschiff "Elbe 1 - Bürgermeister O'swald II" in Cuxhaven auf Vordermann.Rost klopfen und streichen. Das ist seit September die Hauptbeschäftigung des 19-Jährigen. Das legendäre Museumsschiff, das einst in der Nordsee vor der Elbmündung fest vor Anker lag, um anderen Schiffen wie ein Leuchtturm das Fahrwasser nach Hamburg zu zeigen, muss instandgehalten werden. Heute liegt es die meiste Zeit am Bollwerk "Alte Liebe" und kann von Besuchern bestaunt werden.

Gliemann freut sich, wenn mal was im Maschinenraum anfällt - zum Beispiel ein Luftfilterwechsel. Dann ist er in seinem Element. "Mit Schiffen und der See habe ich mich vorher nicht beschäftigt", gibt der junge Mann zu, "aber viel mit Motorrädern und Autos." Mit dem Schrauben kennt sich der handwerklich geschickte Wasbütteler aus. Vor dem Dienst auf der Stahlschale hat er seinen alten Volvo selbst restauriert.

Im Frühjahr machte Gliemann sein Abitur. Und dann? Das wusste er auch nicht. "Ich war mir noch nicht sicher, was ich studieren soll", sagt er per Handy in der Mittagspause auf dem Kahn. Da habe er in der Zeitung von der "Roten Lady" gelesen - und sich beworben. So kam er zum FSJ in Cuxhaven. "Ich finde das sehr attraktiv", sagt er, "weil man hier auch gleichzeitig noch wohnen kann."

Der Wasbütteler teilt sich die Mannschaftsmesse, den ehemaligen Proviantraum hinten im Bug, mit seinem 18-jährigen Kollegen Marten Schröder. Die beiden sind schon der dritte Jahrgang von FSJlern, die dem Schiff einen frischen Teint verpassen. Der Schlafraum läuft nicht nur spitz zu und ist unten schmaler als oben, sondern bietet zudem nicht viel Platz. "Wir haben nicht einmal Fenster." Sechs Kojen und ein Ofen, und Letzterer ist nicht angeschlossen. "Heute morgen hatten wir 11Grad Celsius", berichtet Gliemann. Nicht schlimm, denn: "Ich bin flexibel und anspruchslos." Das muss man in diesem Job für 375 Euro monatlich wohl auch sein.

Alle vier Wochen sticht das Schiff in See, mit sechs Knoten und zahlenden Gästen. Zum Beispiel nach Helgoland. Gliemann: "Ich werde glücklicherweise nicht so schnell seekrank." Donnerstag steht der letzte Ausflug an, danach geht es ins Winterquartier im Neuen Fischereihafen. Und dann geht die Schufterei unter Deck los: Kammern im Vorschiff komplett entkernen, die Außenhaut von innen entrosten, die Schlafkammern renovieren. Vielleicht ist ja auch noch was im Maschinenraum zu tun - hofft der Wasbütteler.

Fakten

Die "Bürgermeister O'Swald II" war nicht nur das letzte bemannte Feuerschiff auf der Position "Elbe 1", sondern mit 57,30 Metern sogar das größte Feuerschiff der Welt. Und: Mit 50 Unfällen war es auch noch das am häufigsten gerammte Feuerschiff Europas. Gebaut wurde es zwischen 1939 und 1943 in der Meyer-Werft Papenburg. Kosten damals: 1,5 Millionen Deutsche Mark. Von 1948 bis 1988 Signalisierte das Schiff den Weg in die Elbe. Seit 1990 liegt es als Museumsfeuerschiff in Cuxhaven und wird für gelegentliche Fahrten mit Besuchern genutzt. Es ist im Besitz der Stadt und wird von einem Verein betrieben und gepflegt.

 

Aus der Gifhorner Rundschau, Wolfsburg: 25. Oktober 2011, Gifhorn Lokales, Seite G06, Foto: Iris Klempau, Archivfoto