Als die Getreidepreise zu Beginn der 90er Jahre in den Keller gingen, setzte der Wasbütteler Traditionshof Lütje erstmals wieder auf den Kartoffelanbau – gemeinsam mit Jochen Gaus aus Ohnhorst wurde eine Betriebsgemeinschaft gegründet. Das Konzept ging auf und wurde jetzt mit dem Landwirtschaftspreis der Deutschen Kreditbank ausgezeichnet.

„Ich war 16 Jahre alt und live dabei, als der Betriebszweig aufgebaut wurde“, erklärt der 36-jährige Landwirt Ernst Lütje seine Begeisterung für die Knolle – 2001 hat er den Hof von Vater Paul übernommen, seine Sachkenntnis seitdem stets vertieft und aus dem Kartoffelanbau eine eigene Philosophie gemacht. „Und außerdem bin ich selbst ein leidenschaftlicher Kartoffelesser“, fügt er augenzwinkernd hinzu.

„Regelmäßige Bodenuntersuchungen und ein harmonisches Zusammenspiel von Bewässerung und Düngemitteln“ benennt Lütje einige Zutaten seines Erfolgs. Im Schlaf könnte er die verschiedenen Stoffe und ihre jeweilige Wirkung auf Lager- und Kocheigenschaften der Knolle aufzählen – er ist Kartoffelbauer durch und durch.

Dass Lütje sich voll und ganz auf sein Steckenpferd konzentrieren kann, hat er der Betriebsgemeinschaft mit fünf Gesellschaftern zu verdanken – jeder kümmert sich um einen anderen Bereich: Neben Lütje und Gaus sind Ulrich Behrens und Heinrich Kielhorn aus Ohnhorst sowie Sigmar Galda aus Meine an Bord. „Sie halten mir den Rücken frei“, betont Lütje. Sein Hof habe zwar an dem Wettbewerb teilgenommen, „gewonnen haben wir aber alle – ohne die anderen wäre der Erfolg nicht möglich“.


„Vorbildcharakter für viele andere Betriebe“ wurde Ernst und Bianca Lütje bei der Verleihung des Landwirtschaftspreises der Deutschen Kreditbank (DKB) bescheinigt. Besonders überzeugend fand die Jury „die Strategie, einen bäuerlichen Familienbetrieb trotz schwankender Märkte durch Spezialisierung und Kooperation zukunftsfähig zu machen“.

50 Betriebe hatten sich an dem bundesweiten Wettbewerb beteiligt, Lütjes belegten den zweiten Platz. Die Urkunde und ein kleines Preisgeld nahmen sie jetzt auf Schloss und Gut Liebenberg bei Berlin entgegen.

Die Erfolgsgeschichte nahm 1992 ihren Anfang: Die Wasbütteler schlossen eine Betriebsgemeinschaft mit dem Hof Gaus in Ohnhorst. Anfangs wurden fünf Hektar gemeinsam bewirtschaftet – heute sind es allein 84 Hektar für den Kartoffelanbau, weitere zwölf Hektar für Zwiebeln.

Pro Jahr werden mehr als 3000 Tonnen Kartoffeln geerntet. Zum Vergleich: Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt in Deutschland bei rund 70 Kilogramm – die Gaus-Lütje GbR versorgt also mehr als 40.000 Menschen mit dem Grundnahrungsmittel.

Kein Wunder also, dass ihre Kartoffeln in etlichen Hofläden und Supermärkten zu finden sind. „Es ist schon irre, woher wir überall Anrufe von Kunden bekommen“, staunt Lütje selbst. Angefangen habe nämlich alles als reiner Familienbetrieb, „mit bescheidenen Mitteln und einer Portion Naivität“. Heute beschäftigt das Unternehmen acht feste Mitarbeiter, fünf Teilzeitkräfte und vier Auszubildende.

Aus der Allerzeitung vom 12.01.2011 / AZ Seite 20, Fotos: Nowak