Da scheint ein Vogel den Nil mit dem Mittellandkanal zu verwechseln: Eine afrikanische Gansart brütet bei Wasbüttel, und zwar hat sie einfach das Storchennest auf der Maschwiese in Beschlag genommen. 

Das hätte Heinz Schemmel aus Calberlah, der Sprecher der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Barnbruch, nun wirklich nicht erwartet: Statt eines Storchenpaares macht sich auf dem erst drei Jahre alten Zweiggeflecht in neun Metern Höhe nun ein [[Nilgans|Gänsepaar]] breit, dass in unserer Region ursprünglich gar nicht heimisch ist - aber wohl wird.

"Das kommt gelegentlich vor, dass Storchennester von anderen Vögeln übernommen werden", sagt Schemmel. Aber ausgerechnet von einer [[Nilgans]]? "
Das sind Gefangenschaftsflüchtlinge", weiß der Vogelkundler. Denn diese Art stammt tatsächlich aus Ostafrika, wurde aber bereits von den Alten Griechen und Römern als Ziergeflügel gehalten. In Westeuropa begann die Haltung im 17. Jahrhundert. Ein paar Ausreißer bildeten schließlich wilde Kolonien in England und in den Niederlanden. Derzeit breiten sich die Vögel aber auch in Norddeutschland aus. Und schon in der afrikanischen Heimat sind Nestbauten von anderen Arten in luftiger Höhe nicht vor ihnen sicher. Dumm ist für die Gänse nur, dass ihre Jungen nicht so schnell fliegen können. "Die lassen sich vom Nest herunterfallen und halten sich erst einmal am Wasser auf", so Schemmel. Bleibt zu hoffen, dass die Stummelflügel den freien Fall etwas abbremsen.

Sorgen um das Wasbütteler Storchennest macht sich Schemmel indes nicht: "Das wäre sonst leer geblieben", ist er sicher. Denn die Störche kämen normalerweise viel früher. "Anfang März denkt die  [[Nilgans]] längst noch nicht ans brüten."

Im April aber schon, wie Gerald Iwan beobachtet hat, der auf der Maschwiese seine Rinder weiden lässt: "Es sind zwei Tiere. Und ich glaube, sie lösen sich ab. Einer ist immer da." Schon vor zwei Jahren und in Gravenhorst habe er übrigens Nilgänse gesichtet.

Schemmel vertraut darauf, dass die feindliche Übernahme in Wasbüttel ein Einzelfall bleibt und baut weiter Storchennester - gestern das zehnte und vermutlich letzte in dieser Saison. "Das geht nach Steimke." Davor hat die Arbeitsgemeinschaft schon welche nach Salzgitter, Rietze/Peine und nach Rothenburg an der Wümme geliefert. Seit 1976 bauen die Mitglieder schon Storchennester - mittlerweile sind es 180 Stück. Schemmel und die anderen Mitglieder brauchen für eins etwa zwei Tage.

 

Aus der Gifhorner Rundschau, Wolfsburg: 10. April 2010, Gifhorn Lokales, Seite G05, Fotos: Siloberstein